KulTours-Zeitgeschichte: Paul von Hindenburg (1847-1934)


Kiel, Hindenburgufer: Historiker klar gegen Umbenennung

In Kiel wird von einigen politischen Gruppierungen  der Name  des Hindenburgufers in Frage gestellt und Paul von Hindenburg als Hitler-Sympathisant diffamiert.
Die Befürworter einer solchen Umbenennung berufen sich fast ausschließlich auf eine Hindenburg-Biographie von Wolfram Pyta. Die Zeitung Die Welt beurteilt dieses Buch jedoch sehr kritisch. In der Rezension auf Welt-online vom 20.1.2008 heißt es: "Und was die eingangs erwähnten 'neuen Fragestellungen' angeht, so haben sie den Verfasser insgesamt dazu animiert, ein Bild über Paul von Hindenburg zu zeichnen, das alles in allem doch eher als fragwürdig gelten muß. ... Was der so enttarnte Hindenburg aber mit der historischen Erscheinung tatsächlich zu tun hat, wird möglicherweise erst dann erkennbar werden, wenn der Nachlaß des Generalfeldmarschalls und Reichspräsidenten einmal zur Verfügung stehen wird."

Wolfram Pytas Buch kann also wohl kaum als Maßstab für die Bewertung Hindenburgs gelten.

Viele Historiker und Journalisten sind für den Erhalt des Straßennamens

Zahlreiche andere Autoren bewerten Hindenburg sehr viel positiver als Wolfram Pyta - darunter so prominente Historiker wie Werner Maser oder der 2006 verstorbene Hitler-Biograph Joachim C. Fest.

"Tatsache ist, dass sich Hindenburg in seiner Eigenschaft als Reichspräsident im Januar 1933 wie ein guter Demokrat verhalten hat, indem er den Chef der stärksten Partei zum Kanzler ernannte und mit der  Regierungsbildung beauftragte. Hätte er nach seinem Herzen gehandelt, das Parlament aufgelöst und den Kaiser wieder eingesetzt, wäre Deutschland viel erspart geblieben, aber man würde ihn heute erst recht als Antidemokraten schmähen und in den Orkus des Vergessens stoßen. Dass er ein von Freund und Feind hochgeachteter Heerführer im Ersten Weltkrieg war, schlägt heute und hierzulande ebenfalls ausschließlich zu seinen Ungunsten aus. Man kann dieses Land, jenseits aller salbungsvollen Zivilgesellschafts-Rhetorik, wohl nur aus der Perspektive der totalen Niederlage und deren noch totalerer Verinnerlichung begreifen, inclusive jener rudelbildenden Maulhelden, die sich ausschließlich an toten oder absolut ungefährlichen Gegnern abarbeiten und sich dafür gegenseitig Couragepreise verleihen." (Michael Klonovsky, Leiter des FOCUS-Debattenressorts)

Auch der prominente US-Historiker William S. Lind hält solche Umbenennungen für "unhistorisch und ungerecht". In einem Zeitungsinterview vom 14.9.2012 warnt er vor einer schleichenden Ideologisierung der Gesellschaft durch die Umbenennung von Straßen und Plätzen. Diese ziele darauf, die Menschen von ihren Bindungen zur Vergangenheit abzutrennen und ihnen so die Basis zu nehmen, auf derer sie die Gegenwart beurteilen könnten. Paul von Hindenburg habe für die Deutschen seiner Zeit eine große Bedeutung gehabt. Dies solle man respektieren. Hindenburg schlicht als „problematisch“ zu betrachten und deshalb einen nach ihm benannten Platz in Münster umzubenennen, sei „unhistorisch und ungerecht“, so Lind. „Die Leute damals waren nicht einfach alle Rechtsextreme, sondern lebten in einer anderen Zeit und in einer anderen Welt. Und tatsächlich haben sie meist Großartiges geleistet, ja sie haben schließlich erst die Entwicklung unserer heutigen Welt möglich gemacht“, erklärt der Militärhistoriker. Die Vorstellung, die Vergangenheit heute nachträglich - beispielweise durch Platz-Umbenennungen - korrigieren zu können, sei Ausweis ideologischen Denkens. Dabei gehe es um die Reprogrammierung unserer Erinnerung. Hingegen sei „ein Bekenntnis dazu, die Vergangenheit so anzunehmen, wie sie nun mal historisch war, ein Ausweis für Freiheit“, erklärt Lind. Der amerikanische Militärhistoriker William S. Lind publizierte zahlreiche Bücher und Zeitungsbeiträge, unter anderem in der Washington Post, New York Times, Los Angeles Times und der Zeitung des US-Marinekorps, der Marine Corps Gazette.

Viele Argumente gegen eine Umbenennung von Hindenburgstraßen und -plätzen - bitte anklicken! Lesen Sie zu diesem Thema auch einen aktuellen Artikel aus der Zeitschrift "Westfalium":

Für Tradition oder für Geschichtslosigkeit? Mehr zu diesem Thema hier.

Prof. Dr. Götz Aly, einer der bedeutendsten deutschen Historiker, bezeichnet ideologisch motivierte Straßenumbenennungen als "billige Rechthaberei". Mehr zu diesem Thema lesen Sie hier:

Hindenburg galt in der Weimarer Republik als der "Hüter der Verfassung". Noch im April 1932 unterstützten ihn alle demokratischen Parteien bei der Wahl zum Reichspräsidenten gegen Hitler. Die SPD warb aktiv für Hindenburg und plakatierte den Slogan "Schlagt Hitler. Deshalb: Wählt Hindenburg." Mehr zu diesem Thema hier:

Wahlplakat der SPD für die Reichspräsidentenwahl vom 10.4.1932: "Schlagt Hitler. Deshalb: Wählt Hindenburg!"

In einem umfangreichen Radiobeitrag für "Antenne Münster" (Bürgerfunk Ost-West-Radio) vom 7.8.2011 machte der ehemalige Leitende Mitarbeiter der Universitätsverwaltung Münster Herbert Kober die ganze Absurdität der Umbenennungsbestrebungen deutlich - hier als PDF-Dokument zum Ausdrucken.

Statements zweier Münsteraner Stadtoberhäupter zum Thema:

OB. Dr. Twenhöven, Schreiben vom 11.2.1987:

"Jede Zeit bringt in Straßenbenennungen bestimmte Grundeinstellungen zum Ausdruck. Diese naturgemäß zeitgebundenen Sichtweisen werden von späteren Generationen zwar nicht immer geteilt, was jedoch nicht dazu führen muß, daß Straßen und Plätze dann wieder umbenannt werden. Hier handelt es sich um historische Belege, die tief im Bewußtsein der Bevölkerung verwurzelt sind. In einer Zeit, die von einer schleichenden Geschichtslosigkeit geprägt ist, gilt es gerade diese Wurzeln zu pflegen." (Quelle: Stadtarchiv Münster)

OStD Dr. Pünder, Schreiben vom 28.8.1997
"Hindenburg war kein Nationalsozialist. 1932 war er mit 53 % der Stimmen - von Links bis zur politischen Mitte - gegen Hitler (36,8 %) und Thälmann (10,2 %) zum Staatsoberhaupt gewählt worden. Im Falle einer Umbenennnung des Hindenburgplatzes müßten konsequenterweise auch andere Straßen und Plätze, deren Namensgebungen auf zeitbezogenen Einstellungen und Bewertungen beruhen, in die Diskussion kommen. Es kann nicht sinnvoll sein, historische Belege - und um solche geht es hier -, die zum Teil tief im Bewußtsein der Bevölkerung verwurzelt sind, bei jeder Veränderung der historischen Sichtweise zu löschen. Maßnahmen dieser Art könnten als Ausdruck einer schleichenden Geschichtslosigkeit verstanden werden." (Quelle: Stadtarchiv Münster)

Gerade in der jüngsten Zeit haben die Stadt- und Gemeinderäte solche Umbenennungsbestrebungen fast überall abgelehnt

In Weinstadt/Baden-Württemberg wird die Hindenburgstraße ebenfalls nicht umbenannt. Das beschloss im Juni 2012 der Gemeinderat. Auch in Emmerich-Elten sieht man viele Argumente für die dortige Hindenburgallee.

Die Hindenburgstraße in Landau/Pfalz wird genauso ihren Namen behalten. Das beschloss am 12.10.2012 mit großer Mehrheit der Stadtrat.

In Waldkirch/Baden wird die Hindenburgstraße - laut Gemeinderatsbeschluss vom 25.1.2013 - nicht umbenannt.

In Hamburg-Winterhude bleibt der Name der Hindenburgstraße ebenfalls - wie im Februar 2013 entschieden wurde.

Auch die Hindenburgstraße in Biberach behält nach Beschluss des Stadtrates vom 4.3.2013 ihren Namen.
Lesen Sie hier: 

In Bad Tölz wird es wohl ebenfalls beim Namen "Hindenburgstraße" bleiben.  Lesen Sie hier:

Auch der Name der Hindenburgstraße in Coburg wird nicht geändert. Das hat der Stadtrat am 21.3.2013 mit klarer Mehrheit entschieden. Lesen Sie hier:

In Garmisch-Partenkirchen haben die Einwohner in einem Bürgerentscheid vom 21.4.2013 zu fast 90 % gegen eine Umbenennung der dortigen Hindenburgstraße gestimmt. Damit bleibt sie auch in Garmisch-Partenkirchen erhalten.

17.5.2013: Eine Mehrheit im Ortsbeirat Trier-Mitte-Gartenfeld will am Namen "Hindenburgstraße" festhalten. Nur formale Gründe haben in der jüngsten Sitzung den entsprechenden Beschluss verhindert. Dies will der Ortsbeirat im Juni nachholen.

3.5.2013: Auch der Hindenburgplatz in Bensberg behält seinen Namen. Das entschied der Haupt- und Finanzausschuss der Stadt.

17.7.2013: Eine überwältigende Mehrheit der Bürger im niederrheinischen Voerde (ca. 40.000 Einwohner) lief Sturm gegen einen Beschluss des Stadtrats, wonach die Hindenburgstraße - ein Teilstück der Bundesstraße 8 - in Willy-Brandt-Straße umbenannt werden solle.
Generalfeldmarschall Paul von Hindenburg war Reichspräsident in der Weimarer Republik und bislang das einzige, direkt vom Volk gewählte Staatsoberhaupt in Deutschland.
Eine Bürgeriniative setzte sich für die Beibehaltung des bisherigen Namens “Hindenburgstraße”  ein und erwirkte nach einer erfolgreichen Unterschriftensammlung (Bürgerbegehren), auf das der Stadtrat jedoch abschlägig reagierte, einen amtlichen Bürgerentscheid, also eine kommunale “Volksabstimmung” in Voerde.
In diesem Bürgerentscheid stimmten 92,6% der Teilnehmer für die Hindenburgstraße, also gegen die Ratsentscheidung: 8966 Ja-Stimmen bei 710 Nein-Stimmen.
Eine herbe Schlappe für den Stadtrat, der den Bürgerwillen so massiv mißachtet hatte (Quelle: http://charismatismus.wordpress.com/category/hindenburg-platz-munster-etc/

Der Deutsche Städtetag hat empfohlen, Umbenennungen von Straßen nur noch aus Ordnungsgründen vorzunehmen, also etwa, wenn bei einer Gebietsreform in dem nun größeren Gemeinwesen ein Straßenname doppelt erscheint. 1996 war der Kulturausschuss von Voerde dieser Maßgabe gefolgt und hatte den Antrag eines Kommunisten auf Umbenennung der Hindenburgstraße abgelehnt. Straßenumbenennungen sind für die Anwohner mit erheblichen Kosten verbunden.

Anwohner - insbesondere Gewerbetreibende bzw. Betriebe - können gegen Straßenumbenennung klagen.

Die Umbenennung einer Straße kann insbesondere für gewerbliche Anlieger äußerst nachteilige Folgen haben. So müssen beispielsweise Kunden benachrichtigt und Prospekte neu gedruckt werden. Dieses  kan enorme Kosten verursachen. Außerdem ist mit fehlgeleiteten Postlieferungen zu rechnen. Bei Entscheidung über die Umbenennung einer Straße sind daher neben dem öffentlichen Interesse auch die Belange der betroffenen Anlieger zu berücksichtigen. Diesen muss somit auch ein eigenes Klagerecht gegen die Entscheidung der Kommune zustehen (Beschluss des OVG Nordrhein-Westfalen vom 29.10.2007 15 B 1517/07 WoM 2008, 37).

Umbenennung bedeutet auch für Privathaushalte großen bürokratischen Aufwand - wie bei einem Umzug - und erhebliche Kosten.

Auch für private Anlieger bedeutet eine Straßenumbenennung umfangreichen bürokratischen Aufwand und erhebliche Kosten. So müssen u. a. sämtliche Versicherungspapiere, Kreditkartenangaben, sowie der gesamte amtliche Schriftverkehr angepaßt werden. Die erforderlichen Formalitäten entsprechen denen eines Umzuges.

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Einzelnachweise, Quellenverzeichnis 



Vollständige Agnes-Miegel-Dokumentation



Ausarbeitung: Detlef Suhr, Agnes-Miegel-Str. 42, 26188 Edewecht