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Audio-Biographie (WDR-Zeitzeichen, 2014) - auch als WDR Wissen-Schulmitschnitt erhältlich

Aktuelles über die Dichterin Agnes Miegel (1879-1964) von Detlef Suhr, Pressesprecher der literarischen Agnes-Miegel-Gesellschaft e. V.
  
Stuhr-Brinkum: Agnes-Miegel-Straße bleibt

Auch die Miegelstraßen in Delmenhorst und Ganderkesee werden nicht umbenannt. "Spurensucherin" Ilse Zelle wegen fragwürdiger Recherchen in der Kritik.

23.4.2013: Der Fachausschuss für Straßen und Verkehr der Gemeinde Ganderkesee hat sich mit überdeutlicher Mehrheit dafür entschieden, den Namen der Agnes-Miegel-Straße in Elmeloh beizubehalten. Nur die "Grünen" stimmten für eine Umbenennung.

11.4.2013: Mit überwältigender Mehrheit hat der Planungsausschuss der Stadt Delmenhorst den Antrag der Grünen abgelehnt, die Miegelstraße im Ortsteil Bungerhof wegen angeblicher NS-Verwicklungen der Dichterin umzubenennen. Alle übrigen Fraktionen stimmten gegen die Umbenennung.

6.3.2013: Der Gemeinderat Stuhr hat mit klarer Mehrheit entschieden: Die Agnes-Miegel-Straße wird nicht umbenannt. Nur die SPD stimmte für eine Umbenennung wegen angeblicher NS-Verwicklungen der Dichterin. Kritischen Fragen wird sich jetzt die Leiterin des Projektkurses der KGS Stuhr-Brinkum, Frau Ilse Zelle stellen müssen. Die zahlreichen entlastenden Quellen zu Agnes Miegel (siehe unten), darunter die wichtigsten Experten für Leben und Werk der Dichterin, fanden offensichtlich kaum Berücksichtigung in der Projektarbeit. Außerdem war eine einseitige Nähe zur Position der SPD in Stuhr-Brinkum allzu offenkundig. So wurden sogar Auszüge der E-Mail-Korrespondenz zwischen den Schülern des Projektkurses und der Lehrerin Frau Zelle auf den Internetseiten der SPD Stuhr veröffentlicht.

SPD erinnert sich nicht mehr an ihre bedeutendste Politikerpersönlichkeit Willy Brandt

8.2.2013: In Stuhr-Brinkum zeichnet sich eine klare Mehrheit für die Beibehaltung des Namens der Agnes-Miegel-Straße ab. Nur die SPD sei Befürworter einer Umbenennung - so der "Weser-Kurier" aus Bremen. Dass sich ausgerechnet die SPD für eine Umbenennung einsetzt, sorgt für allgemeines Unverständnis. Schließlich hatte es sich Willy Brandt, der wohl bedeutendste SPD-Politiker der Nachkriegszeit und spätere Friedensnobelpreisträger, nicht nehmen lassen, die Dichterin 1961 an ihrem Alterswohnsitz in Bad Nenndorf zu besuchen - und ihr mit einem großen Blumenstrauß seine Verehrung auszudrücken (siehe Foto unten). Geradezu absurd erscheint die Haltung der SPD Stuhr angesichts der Tatsache, dass das frühere SPD-Ratsmitglied Reinhild Kirbst-Wesemann die Straßenbenennung nach Agnes Miegel im Jahre 2004 vorgeschlagen hatte.

SPD-Argumentation "ideologisch verkommen"

SPD-Ausschussmitglied Volker Barthel behauptete in der Ausschusssitzung für Gemeindeentwicklung und Umwelt lt. "Weser-Kurier" vom 23.2.2013: "In vielen Städten und Gemeinde sind Agnes-Miegel-Straßen und -Schulen umbenannt worden. Agnes Miegel war eine Verehrerin von Hitler, und sie hat sich nach 1945 auch nicht vom Nationalsozialismus distanziert". Alle drei Aussagen dieses Satzes sind jedoch nachweislich falsch. Gerade in den letzten beiden Jahren sind Agnes-Miegel-Straßen fast überall erhalten geblieben, wo von linken oder linksextremen Gruppen Umbenennungsversuche unternommen wurden (siehe unten). Die angebliche "Verehrung Hitlers" bezieht sich wohl auf zwei Auftragsgedichte für das Propagandaministerium. Solchen Auftragsarbeiten konnte man sich aber nicht verweigern, ohne schwerste Konsequenzen befürchten zu müssen. Daher sagen sie nichts über die Haltung der Dichterin zu Hitler aus. Entgegen den Behauptungen Barthels hat Miegel nach 1945 ihre Distanz zum Nationalsozialismus eindeutig bekundet (siehe unten).  Für verständnisloses Kopfschütteln sorgte schließlich auch SPD-Ratsmitglied Brigitte Großejung, die eine Verbindung zwischen Agnes Miegel und dem Außenlager Obernheide konstruierte. Ein Bürger aus Varrel machte seinem Unmut über die fragwürdigen Behauptungen der SPD zu Agnes Miegel Luft: "Sie hat tolle Gedichte und Balladen geschrieben. Eine Verbindung zwischen dem Lager in Obernheide und der Agnes-Miegel-Straße herzustellen, ist ideologisch verkommen", schimpfte er.

Nach der Präsentation der Arbeitsergebnisse des Projektkurses der KGS Brinkum zu möglichen NS-Verwicklungen der Dichterin erklärte FDP-Fraktionschef Jürgen Timm, es habe keine Hinweise darauf gegeben, dass Miegel zu den Tätern gehört habe. Hinweise,  die eine Umbenennung  rechtfertigen würden, seien für ihn nicht erkennbar. Ähnlich äußerten sich auch Politiker aus den Reihen der CDU und des Vereins "Besser". Auch die Fraktionsvorsitzende der "Grünen", Kristine Helmerichs plädiert laut "Kreiszeitung" nicht für eine Umbenennung. Miegel habe nichts Entscheidendes gemacht, "außer an der falschen Stelle geklatscht", so Helmerichs laut "Weser-Kurier". Die Anwohner hatten mit völligem Unverständnis auf eine ihnen möglicherweise aufgezwungene Umbenennung reagiert. Bürgermeister Niels Thomsen verwies laut "Weser-Kurier" darauf, dass der enorme bürokratische Aufwand  für die  Anwohner bei einer Umbenennung dem eines Umzuges entsprechen würde.

Der Deutsche Städtetag hat empfohlen, Umbenennungen von Straßen nur noch aus Ordnungsgründen vorzunehmen, also etwa, wenn bei einer Gebietsreform in dem nun größeren Gemeinwesen ein Straßenname doppelt erscheint.

Historiker, Literaturwissenschaftler und die wichtigsten Experten für Leben und Werk der Dichterin sind gegen Umbenennung

Der renommierte Historiker Prof. Dr. Paul Leidinger, emeritierter Professor der Universität Münster sagt in einer Stellungnahme zu Agnes Miegel aus dem Jahre 2010 folgendes: "Die NS-Partei umwarb 1933 die erfolgreiche und anerkannte Dichterin, die keine Anhängerin der Ideologie dieser Partei war, sondern einen jüdischen Bekanntenkreis u.a. mit Martin Buber hatte." Weiter heißt es u. a. "Für ihre weitgehend unpolitische Einstellung spricht, dass sie erst 1937 der NS-Frauenschaft und 1940 der NSDAP – wie weit unter politischem Druck? – beitrat, also keineswegs als fast 60-Jährige zu den ideologischen und politischen Scharfmachern des NS-Systems gehörte." Die gesamte Stellungnahme ist hier nachzulesen.

Der Historiker Dr. Michael Gehler, Institutsleiter für Geschichte an der Universität Hildesheim, ist ebenfalls eindeutig gegen eine Umbenennung von Agnes-Miegel-Straßen. In einem umfangreichen Interview der Hildesheimer Zeitung Kehrwieder am Sonntag vom 13.2.2011 sagte er u. a. folgendes: "Miegel hat erzieherisch und schriftstellerisch viel geleistet und Heimat thematisiert, was nach dem Krieg viele Menschen tief berührt hat. Sie erlebte eine Diktatur und konnte sich das Regime nicht aussuchen. Zu betrachten ist das gesamte Leben dieser Frau. Wenn man sich nur Einzelteile aus der Biographie herauspickt, ist das einseitig. Das Gesamtbild wird so entstellt. Dann müssten wir auch den Namen des späteren Hitler-Attentäters von Stauffenberg streichen, weil er bis 1938 Anhänger Hitlers und Befürworter des Nationalsozialismus war." Den vollständigen Zeitungsartikel finden Sie hier:

Der Schriftsteller und Literaturdozent Dr. Bodo Heimann lehrte an der Christian-Albrechts-Universität Kiel Neuere Deutsche Literatur, war als Professor der University of Alberta in Edmonton (Kanada) tätig, ist Vorsitzender der Goethe-Gesellschaft Kiel und erhielt verschiedene Literaturpreise. Auch Heimann hat sich intensiv mit Leben und Werk Agnes Miegels beschäftigt und steht den Vorwürfen gegen die bedeutendste ostpreußische Dichterin mit großer Skepsis gegenüber. Die Veröffentlichung seiner wissenschaftlichen Abhandlung ist im Rahmen der Aufsatzsammlung "Agnes Miegel - Ihr Leben, Denken und Dichten von der Kaiserzeit bis zur NS-Zeit" (seit Juli 2012 wieder erhältlich über die Agnes-Miegel-Gesellschaft in Bad Nenndorf) nachzulesen.

Auch der bekannte Literaturwissenschaftler und Historiker sowie Vorsitzende der literarischen Wilhelm-Raabe-Gesellschaft in Braunschweig Dr. Gerd Biegel stellt in seiner gutachterlichen Dokumentation "Straßenbenennung nach Agnes Miegel in Braunschweig" aus dem Jahre 2011 zahlreiche Argumente vor, die gegen eine Umbenennung sprechen. Viele Argumente gegen die Dichterin werden hingegen als nicht haltbar bloßgestellt.

Die Literaturwissenschaftlerin und Miegel-Biographin Dr. phil. Marianne Kopp aus Stadtbergen gilt als die vielleicht bedeutendste Autorität in Sachen Agnes Miegel. Seit über 25 Jahren beschäftigt sie sich intensiv mit Leben und Werk der Dichterin und hat zahlreiche wissenschaftliche Texte über die Dichterin verfaßt. Sie ist auch Vorsitzende der literarischen Agnes-Miegel-Gesellschaft in Bad Nenndorf. Auf den Internet-Seiten der Agnes-Miegel-Gesellschaft (www.agnes-miegel-gesellschaft.de) erhält man wissenschaftlich fundierte Informationen über die Dichterin. In einem Gutachten der Agnes-Miegel-Gesellschaft aus dem Jahre 2011, welches unter ihrer Mitwirkung entstand, wird eindeutig belegt, daß eine Umbenennung von Agnes-Miegel-Straßen wissenschaftlich nicht gerechtfertigt ist. Lesen Sie das Gutachten hier:

 

Die im Juni 2011 veröffentlichte wissenschaftliche Sammlung von Aufsätzen "Agnes Miegel - Ihr Leben, Denken und Dichten von der Kaiserzeit bis zur NS-Zeit" (Ardey-Verlag, Münster - erhältlich auch über die Agnes-Miegel-Gesellschaft), herausgegeben von Dr. Marianne Kopp, ist das bisher fundierteste und umfangreichste Werk zu dieser Thematik. Prof. Dr. Paul Leidinger schreibt in seinem Geleitwort zu diesem Band: "Die Agnes Miegel vielfach vorgehaltene Nähe zum NS-Staat und ihrem Führer wird in den vorgelegten Aufsätzen auf eine ganz unaufgeregte, subtile und substantielle Weise vorgestellt, im zeitlichen Zusammenhang erklärt und prinzipiell widerlegt."


Der polnische Literaturwissenschaftler Tadeusz Namowicz betonte bereits 1994 (Agnes Miegel als Dichterin des Grenzlandes, in: Izabella Golec und Tadeusz Namowicz, Hg.: Literatur im Kulturgrenzraum, Band 2, Lublin 1994, S. 57-69) in einer kritischen Aufarbeitung: „Man wird dem Werk von Agnes Miegel nicht gerecht, wenn man es primär den Autoren ‚unter dem Hakenkreuz’ zurechnet. Das Ergebnis der vorliegenden Analyse zeigt deutlich, dass Agnes Miegel nur selten und punktuell sich ´zum Hakenkreuz` bekannte. Die bei ihr vorherrschende Auffassung von der Heimat war in der Regel den nationalsozialistischen Ideologemen konträr."

Die Literaturwissenschaftlerin Dr. Bärbel Beutner aus Unna beschäftigt sich seit vielen Jahren intensiv mit Agnes Miegel und hat mehrere Arbeiten über die Dichterin veröffentlicht. Auch für sie ist die Umbenennung von Agnes-Miegel-Straßen nicht nachvollziehbar.

Auch der Literaturwissenschaftler Dr. Ulrich Gehre versucht in seinem Buch Agnes Miegel - Verehrt - geliebt - verfemt, erschienen 2011, ein objektives Bild von Agnes Miegel zu entwerfen. Die Darstellung will in der gegenwärtigen, oft emotional geführten Debatte um die Dichterin gesicherte Fakten anbieten und zur Versachlichung der Thematik beitragen.  

Einen hervorragenden Radiobeitrag zum Thema Agnes Miegel hat der ehemalige Verwaltungsleiter der Universität Münster Herbert Kober erarbeitet. Er wurde am 4.12.2011 vom Radiosender "Antenne Münster" im Rahmen des Ost-West-Bürgerfunks gesendet. Auch Kober hält eine Umbenennung von Agnes-Miegel-Straßen für völlig abwegig.
 
Flugblatt zur Radiosendung über Agnes Miegel auf "Antenne Münster" - zum Ausdrucken als PDF-Datei


Einleitungstext zur Radiosendung über Agnes Miegel auf "Antenne Münster" - zum Ausdrucken als PDF-Datei



Der SPD-Kanzlerkandidat und spätere Friedensnobelpreisträger Willy Brandt zu Besuch bei Agnes Miegel in Bad Nenndorf im Juni 1961

Die 1. Vorsitzende der literarischen Agnes-Miegel-Gesellschaft, Frau Dr. Marianne Kopp aus Stadtbergen, welche auch eine Biographie sowie zahlreiche wissenschaftliche Beiträge zu Agnes Miegel verfasst hat, veröffentlichte im September 2011 einige Gedanken zu dem Zusammentreffen des späteren Bundeskanzlers mit der bedeutendsten ostpreußischen Dichterin:

Das tiefgefühlte Anliegen der Versöhnung verband Agnes Miegel und Willy Brandt in einem Geiste

Agnes Miegel war zu allen vier großen historischen Epochen ihres Lebens (von der Kaiserzeit bis in die junge Bundesrepublik) eine anerkannte große Dichterin, die für ihre Werke mit namhaften Preisen ausgezeichnet wurde. Zu den besonders erinnernswerten Ehrungen, die ihr zuteil wurden, gehörte der Besuch des regierenden Bürgermeisters von Berlin im Jahre 1961 - also vor jetzt fünfzig Jahren. Sein Name war Willy Brandt - der SPD-Politiker, der bis heute als Lichtgestalt gilt und wegen seiner persönlichen Integrität geschätzt wird.

Als Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland legte Willy Brandt am 7. Dezember 1970 vor dem Ehrenmal der Helden des Ghettos in Warschau einen Kranz nieder. Nach dem Richten der Kranzschleife verharrte er nicht wie üblich stehend, sondern kniete einige Zeit schweigend nieder, erhob sich wieder und ging an der Spitze seiner Delegation fort.

Diese Demutsbekundung ist als „Willy Brandts Kniefall“ in die Annalen der Geschichte eingegangen. Sie wurde international als Bitte um Vergebung gewertet und ebnete der Ostpolitik den Weg, für die Willy Brandt 1971 den Friedensnobelpreis erhielt.

Gut 35 Jahre früher sah es um Willy Brandts Befindlichkeiten anders aus: Er hatte - noch unter seinem Geburtsnamen Herbert Frahm - nach Hitlers Machtergreifung emigrieren müssen, zunächst nach Dänemark, dann Norwegen, nachdem die Sozialistische Arbeiterpartei Deutschlands (SAPD), der er angehörte, verboten worden war. Auch in Norwegen war er vor nationalsozialistischer Verfolgung nicht sicher, geriet sogar vorübergehend, ohne unter seinem Decknamen Willy Brandt erkannt zu werden, in deutsche Kriegsgefangenschaft. Allein aus diesen wenigen Hinweisen wird deutlich, dass Willy Brandt unter der Nazi-Diktatur erheblich zu leiden hatte. Und nun sollte er, der Verfolgte, ausgerechnet einer vermeintlichen Nazidichterin, Hitler-Anhängerin, einer aus den Reihen der Verfolger, seine Aufwartung machen? Ihm konnte nicht entgangen sein, dass die damalige Presse-Öffentlichkeit Agnes Miegel abwechselnd mit höchster Anerkennung und bitterster Schmähung überschüttete, mit verehrender Liebe und unversöhnlichem Hass. Dennoch war es ihm, dem damals 47-Jährigen, ein warmes Anliegen, der betagten, inzwischen 82-jährigen Dichterin, seine Aufwartung zu machen, ihr die Ehre zu erweisen, ihr Blumen zu überreichen.

1952 hatte Agnes Miegel für den Ostdeutschland-Gedenkturm in Schloss Burg an der Wupper ihr Bekenntnis in Verse gefasst, ”nichts als den Hass zu hassen“. 1959 hatte sie in einem neunzigminütigen Radiogespräch auf die Frage nach den Polen und Russen in ihrer verlorenen Heimat Ostpreußen erklärt, sie könne nur mit guten Gedanken an die Menschen denken, die jetzt auf seinem Erdboden und in seinen ehemaligen Dörfern, Städten und Gütern leben.

Das tiefgefühlte Anliegen der Versöhnung verband Agnes Miegel und Willy Brandt in einem Geiste.

Das Pressefoto von seinem Besuch in Bad Nenndorf wurde auch in späteren Jahren mehrfach von verschiedenen Zeitungen wiederabgedruckt. Wir wissen leider nicht, was bei diesem Besuch gesprochen wurde. Agnes Miegel berichtete ihrer jüngeren Freundin und späteren Biographin Dr. Anni Piorreck, wie der regierende Bürgermeister von Berlin Brandt am 1. Juni mit einem großen gelben Rosenstrauß zu ihr kam: „Er war sehr sympathisch und stockheiser und müde, aber sehr schlicht und nett, in aller Kürze.“

Dass es aber diese Begegnung gegeben hat, erscheint gerade heutzutage in einem helleren Licht, da etliche Städte den Straßennamen Agnes Miegels abschaffen wollen und eine „politisch korrekte“ Presse-Öffentlichkeit Agnes Miegel als Nazidichterin beschimpft und völlig aus der differenzierten Lebenswirklichkeit ihrer Zeit herausreißt.

Willy Brandt hatte diese Zeit selbst erlebt und wusste aus erster Hand um die Rolle, die Agnes Miegel unter dem Nationalsozialismus und in der Nachkriegszeit für ihre Leser und Landsleute gespielt hatte. Er ehrte sie aus aufrichtigem Herzen - sicherlich nicht weniger menschlich Anteil nehmend als ein knappes Jahrzehnt später bei seinem Kniefall von Warschau.

Sollten die heutigen Politiker sich nicht auch in dieser Hinsicht ihn zum Vorbild nehmen?

Dr. Marianne Kopp, Stadtbergen

 
Spurensuche des Projektkurses der KGS Stuhr-Brinkum mit etlichen Fehlern und einseitiger Ausrichtung

Die Ergebnisse des Projektkurses unter der Leitung der Lehrerin Ilse Zelle zu Agnes Miegel und ihrem Wirken in der NS-Zeit sind offenbar wenig stichhaltig.  Sie enthalten etliche unzutreffende Behauptungen und Mutmaßungen aber keine die Dichterin belastenden Fakten. Das läßt sich einem Zeitungsbericht im "Weser-Kurier" entnehmen. Überprüft werden muss, ob Frau Zelle und der Projektkurs unseriöse Quellen verwendet haben, wie den vom Verfassungsschutz beobachteten und als linksextremistisch eingestuften VVN-BdA.

Unverständlich ist, dass der literarischen Agnes-Miegel-Gesellschaft mit Sitz in Bad Nenndorf kein Projektbericht zur Korrektur vorgelegt wurde. 
 
Es gibt keinerlei Beleg dafür, dass die Dichterin nach dem Machtantritt der Nationalsozialisten im Jahre 1933 "den Kontakt zu Juden abgebrochen" habe, wie der Projektkurs lt. Bericht im "Weser-Kurier" behauptet. Vielmehr gibt es Hinweise darauf, dass solche Kontakte noch bis 1936 bestanden, bis zu einem Zeitpunkt also, als Verbindungen zu jüdischen Mitbürgern bereits sehr gefährlich waren. Belegt ist, dass die Dichterin einen umfangreichen jüdischen Freundeskreis hatte und auch nach der NS-Zeit wieder Kontakte zu Juden pflegte.
 
Was wäre wohl mit ihr passiert, wenn sich Agnes Miegel in dem vom Projektkurs genannten Briefwechsel mit dem Präsidenten der Reichsschrifttumskammer und führenden NS-Repräsentanten Hans Friedrich Blunck schriftlich als Regimekritiker gebärdet hätte? Was heißt in diesem Zusammenhang, "sie habe sich nicht unter Zwang zu der Ideologie bekannt", wie der Projektkurs behauptet?  
 
Was mit einer "rechten Gesinnung" gemeint sein soll, bleibt ebenso nebulös wie die Aussage, nach dem Kriege habe Agnes Miegel "die Unterstützung und Hilfe von alten Förderern und Freunden angenommen".
 
Das Entnazifizierungsverfahren der Dichterin im Jahre 1949 brachte ein eindeutiges Ergebnis: „Frau Dr. h.c. Miegel ist entlastet. (Kategorie V)“. Weiter heißt es: "Sie kann nicht als Unterstützerin der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft angesehen werden, da sowohl Motive wie Handlungen niemals NS-Geist verraten haben. Das wird von allen Zeugen bestätigt und ist zudem allgemein bekannt.“
 
Agnes Miegel hatte also keinen Grund, sich "vom Nationalsozialismus öffentlich zu distanzieren" oder "Unrechtsbewusstsein zu zeigen". Wer kein Unrecht begangen hat, muss auch kein Unrechtsbewusstsein zeigen. In privaten Briefwechseln hat die Dichterin ihre Distanz zum Nationalsozialismus deutlich bekundet.

Wie die öffentlichen Informationsveranstaltungen des Projektkurses zeigten, sind offenbar viele Internet-Quellen bei der Recherche verwendet worden. Das umfangreiche  Archiv der literarischen Agnes-Miegel-Gesellschaft in Bad Nenndorf - mithin die bedeutendste Informationsquelle  zu Agnes Miegel - wurde hingegen überhaupt nicht genutzt. Manche Fehleinschätzung hätte durch die Nutzung des Archivs sicher vermieden werden können. Unverständlich ist dieses besonders, weil einige Schüler zu einem Vortrag vor Ort in Bad Nenndorf waren. Wie es sein kann, dass die Projektleiterin Ilse Zelle ihre Schüler nicht auf diese  Möglichkeit der Beschaffung seriöser Informationen hingewiesen hat, ist unbegreiflich. Auch die zahlreichen Buchautoren, welche sich gegen eine Umbenennung von Agnes-Miegel-Straßen aussprechen (siehe oben), sind kaum berücksichtigt worden. Die  Vorsitzende der literarischen Agnes- Miegel-Gesellschaft, Frau Dr. Marianne Kopp  berichtet, daß sich Frau Zelle bei den verschiedenen Kontakten wenig für die zahlreichen Fakten interessierte, welche für die Dichterin sprechen.

Stattdessen bot Ilse Zelle dem ins Zwielicht geratenen ehemaligen Leiter des Ardey-Verlages in Münster Ulrich Grabowsky (siehe unten) mit einer eigenen Informationsveranstaltung ein Forum. Grabowsky durfte ausführlich gegen Agnes Miegel wettern, ohne je selbst auch nur eine Zeile über die Dichterin veröffentlicht zu haben. Aus dem Publikum heraus wurde vehement auf die zahlreichen Ungereimtheiten in Grabowskys Ausführungen hingewiesen.  Ilse Zelle und  SPD-Ratsfrau  Gudrun Klomburg  schlugen sich jedoch kritiklos auf die Seite des Gastes, der sich selbst eingeladen hatte und dessen Arbeitsverhältnis mit dem Ardey-Verlag kurz nach dem Termin in Stuhr beendet war. Der Unsinn, den Grabowsky in der KGS verbreitet hatte, fand dann auch Eingang in die Internetseite der SPD Stuhr.  

Konkrete Verfehlungen konnte der Projektkurs der Dichterin offenbar nicht nachweisen - trotz monatelanger fleißiger Suche nach der "Nadel im Heuhaufen". Diese Suche erwies sich allerdings als äußerst problematisch und unwissenschaftlich, weil nicht gleichzeitig auch das umfangreiche entlastende Material berücksichtigt wurde. Schließlich halten alle langjährigen Miegel-Experten die Straßenumbenennungen für völlig ungerechtfertigt. 
Chapeau! für jenen Schüler, der sich deshalb traute, gegen Mitschüler und Lehrerin für die Beibehaltung des Straßennamens zu plädieren.


Umbenennungsversuche fast überall gescheitert

23.8.2012: Paukenschlag in Münster: Alle Straßennamen in Münster-Ost behalten ihre Namen - sowohl die Agnes-Miegel-Straße als auch der Stehrweg, der Castelleweg und der Heinrich-Lersch-Weg. Das entschied die Bezirksvertretung Münster-Ost am Donnerstag, den 23.8.2012. Im Vorfeld hatten sich die Historiker der "Kommission Straßennamen" Prof. Dr. Hans-Ulrich Thamer und Prof. Dr. Alfons Kenkmann gravierende Fehler bei der Beurteilung der Namensgeber umstrittener Straßennamen erlaubt. Seit Februar 2011 sind damit fast alle Versuche gescheitert, Agnes-Miegel-Straßen umzubenennen. Beispiele sind Münster, Bottrop, Mainz-Finthen, Sankt Augustin, Bergkamen-Oberaden, Gronau, Goslar-Hahndorf, Bergisch Gladbach-Refrath, Hildesheim-Ochtersum, Bohmte, Söhlde, Herzberg, Bad Essen und Ostercappeln, wo sich die Stadt- und Gemeinderäte gegen die Umbenennung entschieden haben.

Bedeutendstes Agnes-Miegel-Buch wieder erhältlich

Im Jahre 2011 verweigerte der Ardey-Verlag aus Münster die weitere Verbreitung des Buches "Agnes Miegel. Ihr Leben, Denken und Dichten von der Kaiserzeit bis zur NS-Zeit", die bisher wohl beste Darstellung dieses Themas. Die bedeutendsten Miegel-Kenner weisen hier wissenschaftlich fundiert nach, dass man nicht von einer "NS-Dichterin Agnes Miegel" sprechen kann. Die Verweigerung, das Buch weiter zu verbreiten (nachdem bereits Hunderte von Exemplaren ausgeliefert worden waren) hing wohl mit der Umbenennungskampagne in Münster zusammen. Herausgeberin und Literaturwissenschaftlerin Dr. Marianne Kopp verklagte daraufhin den Verlag wegen Vertragsbruches. Inzwischen wurde in einem Vergleich vor dem Landgericht Münster festgelegt, dass der Verlag die zurückgehaltene Restauflage unverzüglich freigeben und alle Rechte an der Vermarktung des Buches an die Herausgeberin zurückgeben muss. Der Verlag hat zudem den Großteil der Kosten der Rechtsauseinandersetzung zu tragen. Jetzt ist das Buch wieder erhältlich - und zwar direkt über die literarische Agnes-Miegel-Gesellschaft, Agnes-Miegel-Platz 3, 31542 Bad Nenndorf, T.: 05723-917317. In den vergangenen Monaten war das Buch stark nachgefragt. Bestellungen aus ganz Europa gingen in Bad Nenndorf ein.

Leiter des ins Zwielicht geratenen Ardey-Verlages lädt sich selbst zu einer Informationsveranstaltung der KGS Stuhr-Brinkum ein

8.3.2012: Obwohl gar nicht für ein Interview mit der Projektgruppe der KGS Stuhr-Brinkum vorgesehen, hatte sich der Leiter des Münsteraner Ardey-Verlages, Ulrich Grabowsky per Anruf beim Schuldirektor selbst für einen Gesprächstermin dort "eingeladen". Der Ardey-Verlag und Grabowsky waren unlängst im Zusammenhang mit der gestoppten Veröffentlichung eines Buches über Agnes Miegel, das von Frau Dr. Marianne Kopp herausgegeben worden war, ins Zwielicht geraten. Siehe: Münster: Ardey-Verlag und LWL-Literaturkommission im Zwielicht. Grabowsky, der noch nie selbst auch nur eine Zeile über Agnes Miegel veröffentlicht hatte, konnte denn auch die Fragen der anwesenden Besucher nur sehr mangelhaft beantworten und verwickelte sich in Widersprüche. Einem Zeitzeugen (Jahrgang 1926), der die Informationsveranstaltung besuchte, sprach Herr Grabowsky die Urteilsfähigkeit über die NS-Zeit glattweg ab. Weitgehende Unkenntnis der Lebensverhältnisse während der Zeit des Nationalsozialismus waren in allen Äußerungen Grabowskys erkennbar. Der Versuch einer Rechtfertigung seines Verhaltens betreffend das o. g. Buch - wohl der eigentliche Grund seines selbst initiierten Besuches in Stuhr - misslang vollständig. Kurz nach dem Besuch in Stuhr-Brinkum war das Arbeitsverhältnis Grabowskys mit dem Ardey-Verlag beendet - eine Konsequenz aus den Vorgängen um das Miegel-Buch?

1.3.2012: Eine Projektgruppe der KGS Stuhr-Brinkum, die sich mit der Straßenbenennung nach Agnes Miegel beschäftigen soll, hatte die wohl bedeutendste Miegel-Expertin, Frau Dr. phil. Marianne Kopp zu einem Gespräch eingeladen. Frau Dr. Kopp gab zu allen strittigen Fragen wissenschaftlich fundierte Auskunft und stellte klar, daß eine Umbennnung von Agnes-Miegel-Straßen in keiner Weise gerechtfertigt ist.

16.6.2011: Einstimmig haben sich die Anwohner der Agnes-Miegel-Straße in Stuhr-Brinkum bei Bremen mit einer an den Vorsitzenden des Ausschusses für Gemeindeentwicklung und Umwelt gerichteten Unterschriftensammlung gegen eine Umbenennung ihrer Straße ausgesprochen. Unterstützung erhalten die Anwohner unterdessen von etlichen renommierten Historikern und Literaturwissenschaftlern sowie von den wichtigsten Experten für Leben und Werk der bedeutendsten ostpreußischen Dichterin. In der Ausschußsitzung vom 7.4.2011 hatte ein Ratsmitglied das Thema "Umbenennung" der Straße im Briseck-Gebiet zur Sprache gebracht - und zwar wegen einer angeblich verwerflichen Haltung der bedeutendsten ostpreußischen Dichterin während der Zeit der NS-Diktatur. Wissenschaftlich sind solche Behauptungen jedoch nicht haltbar.

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Münster: LWL-eigener Verlag und Literaturkommission im Zwielicht - entlastendes Agnes-Miegel-Buch durfte im Ardey-Verlag zunächst nicht erscheinen. Zeitungen berichteten über merkwürdige Vorgänge im Zusammenhang mit der gescheiterten Buchveröffentlichung.

Die Agnes-Miegel-Gesellschaft hatte im Jahre 2010 eine Wissenschaftliche Tagung zum Thema "Agnes Miegel - Ihr Leben, Denken und Dichten von der Kaiserzeit bis zur NS-Zeit" durchgeführt. Renommierte Wissenschaftler präsentierten hochrangige Referate, und so entschloß sich die literarische Gesellschaft, einige Referate in Buchform zu veröffentlichen. Man entschied sich für den Ardey-Verlag in Münster. Ende April 2011 wurde das fertige Manuskript dem Verlag übergeben. Dieser akzeptierte das Werk, sodaß man am 11. Mai 2011 einen Verlagsvertrag schloß. Die ausschließlichen Rechte zur Vervielfältigung und Verbreitung des Buches bekam der Verlag übertragen. Dieser mußte sich im Gegenzug verpflichten, das Werk zu vervielfältigen und zu vertreiben. Vereinbart wurde weiterhin, daß das Buch bei einer Pressekonferenz am 7. Juli 2011 der Öffentlichkeit vorgestellt werden sollte. 

Am 6. Juli 2011 wurde der Herausgeberin Frau Dr. Marianne Kopp plötzlich mitgeteilt, der Verlag habe die Pressekonferenz abgesagt und werde das Buch nicht vertreiben - mit fadenscheiniger Begründung, die sich auf eine einzige Textstelle auf einer von 142 Seiten bezog. Inzwischen waren schon Hunderte von Exemplaren des Buches an die Mitglieder der Agnes-Miegel-Gesellschaft sowie an die wissenschaftlichen Bibliotheken in Deutschland ausgeliefert worden. 

Um zu verstehen, wie es zu dem völligen Sinneswandel des Verlages bezüglich des Werkes gekommen sein könnte, sollte man zunächst wissen, daß der Verlag eine verbandseigene Tochterfirma des LWL (Landschaftsverband Westfalen-Lippe) ist. Die Landschaftsverbände wiederum unterstehen dem nordrhein-westfälischen Innenministerium. Die Literaturkommission des LWL (wie der Ardey-Verlag ansässig in Münster) veranstaltete nur 6 Tage nach der einseitigen Aufkündigung der Vertragsverpflichtungen durch den Verlag, also am 12. Juli 2011, in Münster eine Tagung unter dem Titel "Fragwürdige Ehrungen". In einem Referat beschäftigte sich der Mitarbeiter der Literaturkommission Dr. Steffen Stadthaus u. a. mit Agnes Miegel, die er in einem sehr negativen Licht darstellte. Das Referat ähnelte, nach Angaben von Teilnehmern, Aussagen in dem unwissenschaftlichen Laienlexikon "Wikipedia". Das Buch, welches nicht erscheinen durfte, hätte Stadthaus' Thesen von der "NS-Dichterin" Agnes Miegel hingegen nachhaltig widerlegt und seine Argumentation völlig zum Einsturz gebracht. In jedem Falle behinderte das Verhalten des LWL und seines Verlages bezüglich des neuen Miegel-Buches erheblich eine freie und demokratische Meinungsbildung zu Leben und Werk der Dichterin. 

Mittlerweile hatten mehrere Zeitungen, darunter die renommierte "Preußische Allgemeine", Artikel über die merkwürdigen Vorgänge in Münster veröffentlicht. Die Agnes-Miegel-Straße in Münster wurde nicht umbenannt.

Inzwischen wurde in einem Vergleich vor dem Landgericht Münster festgelegt, dass der Verlag die zurückgehaltene Restauflage unverzüglich freigeben und alle Rechte an der Vermarktung des Buches an die Herausgeberin zurückgeben muss. Der Verlag hat zudem den Großteil der Kosten der Rechtsauseinandersetzung zu tragen. Jetzt ist das Buch wieder erhältlich (siehe oben).

"Agnes Miegel - Ihr Leben, Denken und Dichten von der Kaiserzeit bis zur NS-Zeit" (Herausgeberin: Dr. Marianne Kopp) ist das bisher fundierteste und umfangreichste Werk zu dieser Thematik. Prof. Dr. Paul Leidinger schreibt in seinem Geleitwort zu diesem Band: "Die Agnes Miegel vielfach vorgehaltene Nähe zum NS-Staat und ihrem Führer wird in den vorgelegten Aufsätzen auf eine ganz unaufgeregte, subtile und substantielle Weise vorgestellt, im zeitlichen Zusammenhang erklärt und prinzipiell widerlegt." 

Unwissenschaftlicher Lexikonbeitrag

Der Beitrag zu Agnes Miegel im "Lexikon Westfälischer Autoren und Autorinnen 1750-1950", im Internet veröffentlicht von eben jener Literaturkommission des LWL, zeigt ebenfalls die völlig einseitige Sichtweise der Kommission. Der Satz, Agnes Miegel sei "von den Nationalsozialisten vielfach geehrt worden", hat keinerlei Aussagekraft, da die Dichterin auch im Kaiserreich, während der Weimarer Republik und in der Bundesrepublik Deutschland mit höchsten Auszeichnungen bedacht wurde. Die Behauptung, sie habe sich öffentlich immer wieder zum NS-Staat bekannt, ist nachweislich falsch. Das Gegenteil ist richtig: Die Dichterin hat zu keinem Zeitpunkt die Wesenszüge nationalsozialistischer Ideologie erkennen lassen. Ein Bekenntnis zum NS-Staat, erkennbar an etwaigen antisemitischen oder rassistischen Äußerungen - existiert weder in ihren Werken noch in ihrer Korrespondenz. Sie hatte einen jüdischen Freundeskreis. Auch hat sie hat nie gegen politisch Andersdenkende agitiert. Ihr Verhalten war stets von tiefer Menschlichkeit und Toleranz geprägt. Bei den immer wieder hochgespielten wenigen "Weihegedichten" an den Führer handelte es sich um Auftragsarbeiten der NS-Diktatur mit vorausgesetzten Ergebenheitsadressen an den Diktator. Die Dichterin konnte sich solchen Aufträgen nicht verweigern, ohne schwerste persönliche Konsequenzen befürchten zu müssen. Zusammenfassend läßt sich festhalten, daß der Beitrag zu Agnes Miegel im "Lexikon Westfälischer Autoren und Autorinnen" nicht über das Niveau des unwissenschaftlichen Laienlexikons "Wikipedia" hinausreicht, falsche Aussagen enthält und von erschreckender Einseitigkeit geprägt ist.

Inzwischen hat sich bei der Literaturkommission offensichtlich die Einsicht durchgesetzt, daß man hier ausgemachten Unsinn verzapft hat - die o. g. Seite des Lexikons Westfälischer Autorinnen und Autoren ist seit November 2011 auf wundersame Weise verschwunden, d. h. nicht mehr aufzurufen. Den ursprünglichen Beitrag kann man sich hier noch einmal als PDF-Dokument ansehen.   

Wissenschaftliches Arbeiten sieht anders aus: Historiker aus Münster berufen sich in ihrem Urteil über Agnes Miegel auf einen äußerst umstrittenen Journalisten

Die jetzt auch im Internet veröffentlichten "Stammblätter zu Straßennamen" welche als Grundlage für die Statements der Münsteraner Historiker Prof. Hans-Ulrich Thamer und Prof. Alfons Kenkmann dienten, greifen bei ihrer "Historischen Einschätzung" vor allem auf das Kulturlexikon zum Dritten Reich des Journalisten Ernst Klee (veröffentlicht 2007) zurück. Sein Buch wurde von der Kritik als "geistiges Armutszeugnis" verrissen. Die Welt schreibt in einer ausführlichen Rezension vom 2.3.2007 u. a.: "Dieses Buch ist mehr als ein Ärgernis. Es ist ein geistiges Armutszeugnis, ein Skandal und eine Schande .... Ein Skandal für den S. Fischer Verlag, der dieses Machwerk im Grunde sofort einziehen und radikal revidieren lassen müßte .... Lang ist die Liste gravierender Mängel, etwa im Bereich der Germanistik. Sie zeugen von profunder Unkenntnis der Fakten, Hintergründe und Zusammenhänge." Vernichtender kann eine Buchkritik nicht sein. Es ist völlig unverständlich, daß die Münsteraner Wissenschaftler sich bei ihrer Arbeit auf ein solches "Machwerk" berufen. Dagegen werden die oben genannten, sehr fundierten Abhandlungen, welche Agnes Miegel in einem positiven Licht sehen, überhaupt nicht berücksichtigt. Diese Vorgehensweise ist ein Skandal und wohl nur durch eine Vorgabe zu erklären, daß am Ende unbedingt eine Empfehlung "pro Umbenennung" stehen sollte. Die Aussagen der Herren Kenkmann und Thamer über Agnes Miegel zeigen des weiteren eine Vielzahl von inhaltlichen Fehlern, die Auslassung wichtiger Fakten, eine mangelhafte Kenntnis des Werkes der Dichterin und insgesamt eine tendenziöse, völlig einseitige Darstellung.

Kenkmann und Thamer in der Kritik (PDF-Dokument zum Ausdrucken)

Bundesweite Kampagne gegen die bedeutende ostpreußische Dichterin

Mit großem Raffinement erwecken linke und linksradikale Gruppen im Internet den Eindruck, Agnes-Miegel-Straßen seien in vielen Orten bereits umbenannt. In den meisten Fällen stellt sich bei näherer Betrachtung der Internet-Seiten heraus, daß Antifa-Gruppen dort lediglich "symbolische" Umbenennungen durch Überkleben der Straßenschilder mit anderen Straßennamen durchführten. Mit wenigen Ausnahmen folgten die betroffenen Städte und Gemeinden nicht der Propaganda dieser Gruppen, der Straßenname blieb bestehen.

Wie Antifa, Autonome und linke Gruppen vielerorts gegen die bedeutende ostpreußische Dichterin Agnes Miegel agitieren, lesen Sie hier:

Anwohner - insbesondere Gewerbetreibende bzw. Betriebe - können gegen Straßenumbenennung klagen. Umbenennung bedeutet auch für Privathaushalte großen bürokratischen Aufwand. 

Die Umbenennung einer Straße kann insbesondere für gewerbliche Anlieger äußerst nachteilige Folgen haben. So müssen beispielsweise Kunden benachrichtigt und Prospekte neu gedruckt werden. Außerdem ist mit fehlgeleiteten Postlieferungen zu rechnen. Bei Entscheidung über die Umbenennung einer Straße sind daher neben dem öffentlichen Interesse auch die Belange der betroffenen Anlieger zu berücksichtigen. Diesen muss somit auch ein eigenes Klagerecht gegen die Entscheidung der Kommune zustehen (Beschluss des OVG Nordrhein-Westfalen vom 29.10.2007 15 B 1517/07 WoM 2008, 37). Auch für private Anlieger bedeutet eine Straßenumbenennung umfangreichen bürokratischen Aufwand und erhebliche Kosten. So müssen u. a. sämtliche Versicherungspapiere, Kreditkartenangaben, sowie der gesamte amtliche Schriftverkehr angepaßt werden. Die erforderlichen Formalitäten entsprechen denen eines Umzuges.

Agnes Miegel in der NS-Zeit: Sie veröffentlicht mutig ihre Vorahnungen von Weltenbrand und Verlust ihrer Heimat Ostpreußen

Nur drei Gedichte innerhalb des sehr umfangreichen Werkes der ostpreußischen Dichterin enthalten Elogen an Hitler. Es handelt sich um Auftragsarbeiten des Reichspropagandaministeriums. Lobsprüche auf Hitler waren ein von Joseph Goebbels erwarteter, zwingender Bestandteil solcher Gedichte. Sie sagen deshalb wenig über die politische Einstellung des Verfassers aus. Viel interessanter ist in dieser Hinsicht eine ganze Reihe von Texten, in denen sich Agnes Miegel sehr skeptisch über die Zukunft des NS-Regimes äußert: So sagt sie in dem Gedicht Dem Schirmer des Volkes aus dem Jahre 1939 nichts weniger als Weltenbrand und Untergang voraus:

....

Wenn aus deinem First die Flammen steigen

wird des weißen Mannes Welt entbrennen

wenn sich deine Sonnenfahnen neigen

sinkt die Nacht über das Abendland!

....

Ein Jahr später, also noch vor dem deutschen Angriff auf die Sowjetunion, prophezeit Agnes Miegel in einem Sammelband des Diederichs-Verlages auch den bevorstehenden Verlust ihrer Heimat Ostpreußen: 

Und so sage ich jetzt, wo der Abschied näher kommt zu dem Land zwischen Weichsel und Memel, wie der Samurai zu der edlen Braut, der er sich vor dem Schrein seiner Ahnen verlobt: ich vermähle mich dir für die nächsten vier Inkarnationen. 

Eine Vorahnung der Flüchtlingsströme aus dem "Ostland" findet sich in der Ballade Nachtgespräch (An Heinrich den Löwen), ebenfalls aus dem Jahre 1940: 

.....

Ich höre es fern, ich höre es bang,

wandernder Füße rastlosen Gang.

Hör Hufe klopfen und Räder knarren,

hör wieder Wagen an Wagen fahren -

durch der blassen Schneenacht Dämmerung

klingt wieder der Ruf der Wanderung! -

Ostwind trägt mir ihr Rufen zu,

Ostwind weckt mich aus steinerner Ruh --

 

O großes Herz, das gelassen trug,

was Leid und Neid ihm an Wunden schlug , -

vernimm deines Ostlands versinkenden Ruf,

du, der es erschuf!

.....

Weltenbrand, Verlust der Heimat, deutsche Flüchtlingsströme - sieht so Propaganda für den "Größten Feldherrn aller Zeiten" aus?

Zahlreiche Ehrungen für die Dichterin auch während des Kaiserreiches, der Weimarer Republik und in der Bundesrepublik Deutschland

Als um 1900 in Berlin Börries von Münchhausen die handschriftlichen Gedichte und Balladen der ostpreußischen Dichterin Agnes Miegel liest, erkennt er sogleich: Dies ist eine der ganz großen Dichterinnen unseres Volkes. Agnes Miegel ist der größte lebende Balladendichter unseres Volkes. So erscheint durch Münchhausens Vermittlung 1901 ihr erstes eigenes Buch - ein Band mit Gedichten und Balladen - bei dem ehrwürdigen Klassiker-Verlag Cotta. 

Agnes Miegel wurde im Kaiserreich (1916: Kleist-Preis), während der Weimarer Republik (1924: Ehrendoktorwürde der Universität Königsberg), in der NS-Zeit und in der Bundesrepublik (1959: Literaturpreis der Bayerischen Akademie der Schönen Künste) gleichermaßen hoch geschätzt. An ihrem Alterswohnsitz in Bad Nenndorf bei Hannover empfing sie viele prominente Besucher und Verehrer aus Literatur und Politik, darunter im Juni 1961 Willy Brandt, damals Kanzlerkandidat der SPD und Regierender Bürgermeister von Berlin.

Rassismus, Antisemitismus und die Herabsetzung politisch Andersdenkender kommen im Werk Agnes Miegels nicht vor

Agnes Miegel hatte ihren literarischen Stil, der stets geprägt war durch die Liebe zu ihrer Heimat Ostpreußen, schon lange vor der Machtergreifung der Nazis entwickelt.

Rassismus, Antisemitismus oder die Herabsetzung politisch Andersdenkender finden sich an keiner Stelle ihres umfangreichen Werkes. Sie hatte einen jüdischen Freundeskreis.

Ihre politische Toleranz kommt anschaulich in einem Brief an Lulu von Strauß und Torney aus dem Jahr 1923 zum Ausdruck. Sie empfindet negativ die immer krasser deutschnationale Haltung der Zeitung, für die sie arbeitet, und wenn auch viele der Menschen, die sie am höchsten achte rechts stehen würden, so muß sie doch bekennen: "...ich stehe innerlich nicht zu ihrer Sache, wie sie sich auswuchs." Und sie bemerkt: "Links steht neben vielem, was mir fremd ist, doch das, dem die Zukunft gehört." 

Agnes Miegel wurde übrigens erst 1940 - wie weit unter politischem Druck? - Mitglied der NSDAP. Das spricht wohl eher für eine weitgehend unpolitische Haltung der Dichterin. 

Innerhalb ihrer freundschaftlichen Verbindungen verwendete Agnes Miegel nie den "Deutschen Gruß". Wenn sie mit "Offiziellen" ein wenig bekannter war, bestellte sie herzliche Grüße oder Gott ergebenen Gruß - obwohl der "Hitlergruß" die für alle verpflichtende Grußform in der Zeit der NS-Diktatur war. Es steht fest, daß Agnes Miegel zeitlebens eine gläubige Christin war und auch in den Jahren 1933-45 nie von der Kirche und ihrem Glauben abrückte oder gar Zugeständnisse machte.  

Entnazifizierungs-Urteil für Agnes Miegel: Unbelastet. Sowohl Motive wie Handlungen haben niemals NS-Geist verraten.

Nach 1945 schlug die Stunde der "Wendehälse", die im Rahmen ihrer Entnazifizierungsverfahren behaupteten, eigentlich immer schon gegen den Nationalsozialismus gewesen zu sein. Agnes Miegel verweigerte sich einer solch verlogenen "Instant-Entnazifizierung". Als tief religiöser Mensch sagte sie über ihr Wirken in der NS-Zeit: „Dies habe ich mit meinem Gott alleine abzumachen und mit niemand sonst.“ 

Die schließlich 1949 erfolgte Entnazifizierung Agnes Miegels brachte jedoch ein eindeutiges Urteil: Unbelastet. Wörtlich heißt es: Sowohl Motive wie Handlungen haben niemals NS-Geist verraten.

Während des "Dritten Reiches" und in der Nachkriegszeit pflegte Agnes Miegel eine freundschaftliche Beziehung zu Anneliese Goerdeler. Sie war die Ehefrau von Carl Friedrich Goerdeler, eine der zentralen Gestalten des Widerstandes gegen Hitler. Nach dem gescheiterten Attentat vom 20. Juli 1944 wurde er verhaftet und von den Nazis hingerichtet.

Agnes Miegel 1946: klare Distanzierung vom Nationalsozialismus, Hoffnung auf ein "neues besseres Deutschland"

Die zuweilen geäußerte Behauptung, die Dichterin habe sich nach 1945 nicht vom Nationalsozialismus distanziert, ist unzutreffend. Nach dem Ende des NS-Regimes äußerte Agnes Miegel in einem Brief an ihre spätere Biographin Anni Piorreck vom 31.8.1946 aus dem dänischen Flüchlingslager Oksböl all ihre Hoffnung auf ein gewandeltes, moralisch handelndes und bescheidenes neues Deutschland: "... zum ersten Mal auch faßte ich neuen Lebensmut durch die Gewißheit, daß da für Euch Jüngere und Eure Kinder aus aller Unrast und aller Not dieser Zeit ein neues besseres Deutschland aufwächst, ein kleines armes, aber nicht verarmtes Deutschland, wo jeder Willige seine Arbeit und sein Brot finden wird .... Ach möchte sich für alle ein Weg finden, an dem Aufbau dieses bescheiden gewordenen Deutschlands mitzuarbeiten." Damit hatte sich Agnes Miegel ganz klar von den Verhältnissen des NS-Staates distanziert.


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Einzelnachweise, Quellenverzeichnis 



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Ausarbeitung: Detlef Suhr, Agnes-Miegel-Str. 42, 26188 Edewecht